Kritische Phase

Der Übergang von der Anfangs- in die kritische Phase wird durch das Auftreten erster Kontrollverluste markiert. Mit dem Kontrollverlust erreicht die prozeßhafte Entwicklung der Abhängigkeit das Stadium, ab dem man im engeren Sinne von einer Erkrankung sprechen kann. Auch der Kontrollverlust selbst, hinter dem es dann langfristig kein Zurück mehr gibt, zeigt alle Eigenschafen prozeßhaftem Anwachsens:
Vom sich erstmals abzeichnenden immer häufigeren Überschreiten selbst gesetzter die Einnahmemenge betreffender Grenzen, bis zu völlig haltloser massiver Weitereinnahme des Suchtmittels trotz deutlich absehbarer, erheblicher negativer Konsequenzen.
Dieses prozeßhafte Anwachsen des Symptombildes des Kontrollverlustes geht in aller Regel damit einher, dass die Entwicklung der psychischen Abhängigkeit seit der Vorphase zu einem als immer übermächtiger empfundenen Verlangen nach der Wirkung des Suchtmittels wird.

Dieses zunehmende Verlangen schränkt die Entscheidungsfreiheit des Abhängigen, ob er nun mit der Einnahme beginnt oder nicht, bereits im Vorfeld des Kontrollverlustes, also bevor er überhaupt mit dem Trinken beginnt, immer mehr ein.

Ein Widerstehen gegenüber solchen intensiver werdenden Wünschen nach Einnahme des Suchtmittels wird zunehmend schwieriger und anstrengender.

Das Auftreten von Kontrollverlusten führt im weiteren Verlauf der kritischen Phase fast zwangsläufig zu den dort weiter beschriebene Symptomen. Hier zeigen sich zum einen soziale Belastungen in Form von Vorwürfen und Kritik aus dem sozialen Umfeld, zum anderen Rechtfertigungen und Schuldzuweisungen. Auch erste körperliche Beschwerden können auftreten.


8. Kontrollverlust

Unwiderstehliches Verlangen nach mehr Alkohol nach dem ersten Glas (Kontrollverlust)

Unter Kontrollverlust wird im allgemeinen der fortschreitende Verlust der willentlichen Kontrolle über die Trinkmenge verstanden. Dies zeigt sich konkret darin, dass der Betroffene, nachdem er eine kleine Menge Alkohol zu sich genommen hat, mit zunehmender Häufigkeit mehr trinkt, als er sich vorgenommen hatte bzw. mehr, als in der jeweiligen konkreten Situation angemessen ist. Während zu Beginn der kritischen Phase derartige Kontrollverluste gelegentlich noch durch eigenes "Pflichtgefühl" oder Einschreiten dritter Personen eindämmbar sind, wird dies mit zunehmender Ausprägung der Suchterkrankung immer schwieriger oder schließlich ganz und gar unmöglich.

Der Kontrollverlust im eigentlichen Sinne bedeutet jedoch nicht, dass der Betroffene ständig trinken muss, auch für den Abhängigen ist es möglich, phasenweise gar nicht oder wenig zu trinken. Jedoch kommt es durch das Trinken mittel- oder langfristig immer wieder zu Kontrollverlusten.

In diesem Zusammenhang wird auch die Frage erhoben, warum der Betroffene nach seinen verhängnisvollen Erfahrungen anläßlich seiner wiederholten Kontrollverlusterlebnisse denn dann trotzdem immer wieder anfängt zu trinken. Er ist in diesem Stadium bereits psychisch von der Alkoholwirkung abhängig geworden, wenn es ihm auch noch nicht bewußt ist. Sein Wille in Verbindung mit Alkohol ist mindestens beeinträchtigt, er selbst jedoch glaubt, dass er seine diesbezügliche Willenskraft nur vorübergehend verloren hat und sie daher wiedererlangen kann und muss. Er ist sich jedoch darüber nicht im Klaren, dass er bereits alkoholkrank geworden ist und es ihm somit unmglich ist, seinen Alkoholkonsum über längere Zeiträume hinweg einzuschränken oder zu kontrollieren.


9. Alibis

Erklärungen, warum man so trinke (Alkoholausreden, Alibis)

Mit dem Einsetzen von Kontrollverlusten erlebt das Trinken des Alkoholikers eine erneute Steigerung. Nicht selten führt dies zu heftiger Selbstkritik und/oder Kritik von anderen. Da der Alkoholiker zu diesem Zeitpunkt jedoch im allgemeinen noch nicht bereit ist, sein Trinken aufzugeben, empfindet er einen Rechtfertigungszwang, aus dem heraus er sich unbewußt ein Erklärsystem aufbaut, d. h. er redet sich ein, dass er einen guten Grund zum Trinken gehabt habe und ohne diesen Grund genau so mäßig wie alle anderen trinken könne. Diese Trinkalibis führen im weiteren Verlauf dazu, dass der Alkoholiker sich zwar durch vielerlei Probleme belastet sieht, sein Trinkverhalten jedoch lange Zeit nicht als Problem erkennen kann.

Solchen Trinkalibis können durchaus reale und massive Probleme zugrunde liegen, die vom Betroffenen dann manchmal unbewußt aufrechterhalten oder herbeigeführt werden, um sich selbst eine Erlaubnis zum Trinken zu geben und/oder eine Auseinandersetzung mit dem Trinkverhalten zu vermeiden. Aus alledem wird ersichtlich, dass Erklärsysteme einen deutlich suchtaufrechterhaltenden Charakter haben.


10. Reaktionen der Umwelt

Infolge der zahlreicher und massiver werdenden Kontrollverluste wird das soziale Umfeld des Alkoholikers zunehmend auf sein Trinkverhalten aufmerksam. Familienangehörige, Freunde, Arbeitskollegen und/oder Vorgesetze sprechen ihn auf seine "Fahne" oder andere Auffälligkeiten an, warnen und kritisieren ihn oder machen ihm sein Trinkverhalten zu Vorwurf.
Gegen diese Reaktionen der Umwelt verteidigt sich der Betroffene oft mit Hilfe seines Erklärsystems, das sich dadurch weiter verfestigt. Gleichzeitig bemüht er sich daraufhin, sein Trinken noch besser zu verbergen.


11. Kompensation des Verlustes an Selbstachtung

Zunehmende Kontrollverluste und damit im Zusammenhang stehende Mißerfolgserlebnisse sowie die Kritik der Umwelt führen beim Alkoholker zu einem schleichenden Verlust an Selbstachtung. Um diesen Verlust an Selbstakzeptanz zu kompensieren (ihm entgegen zu wirken) bzw. ihn nach außen nicht sichtbar werden zu lassen, stellt der Betroffene für sich und andere vor allem die Dinge und Bereiche positiv heraus, in denen er noch gut funktioniert.
Oft stachelt er sich in diesem Zusammenhang zu besonderern Leistungen an, um sich und anderen zu zeigen, dass er durch sein Trinken in keinster Weise oder höchstens in unwesentlichen Bereichen, beeinträchtigt sei. Manchmal findet dieses Verhalten auch seinen Ausdruck in besonderer Extravaganz und Großspurigkeit, wodurch der Alkoholiker sich selbst und vor allem andere davon zu überzeugen versucht, dass er noch nicht so schlecht dran sei, wie er manchmal denkt oder wie es nach außen hin aussehen mag.


12. Auffällig aggressives Benehmen

Aufgrund seiner schwindenden Selbstachtung, der zunehenden Kritik von anderen und dadurch, dass er mit seinem Erklärsystem immer weniger überzeugen kann, legt der Alkoholiker ein im Vergleich zu vorher ungewohnt aktiv oder passiv aggressives Verhalten an den Tag.

Aktiv weist er z. B. wohlmeinende Ansprachen barsch zurück, schlägt in Auseinandersetzungen verbal rücksichtslos um sich oder wird sogar handgreiflich. Passiv stellt er die Kommunikation, insbesondere in der Familie und mit ihm wohlmeinenden Personen, ganz ein oder gestaltet sie auffallend einsilbig.
In Verbindung damit erlebt sich der Alkoholiker manchmal auch in der Opferrolle, wobei er seiner Umwelt die Schuld für sein Verhalten und die daraus entstandenen Schwierigkeiten zuschiebt.


13. Dauerndes Schuldgefühl als Anlaß zum Trinken

Das in den Punkten 8 bis 12 beschriebene Verhalten führt trotz aller Abwehrbenühungen des Alkoholkers zu immer bedrückenderen Schuldgefühlen, die der Betroffene dann häufig durch erneutes Trinken zu beseitigen versucht (Teufelskreis).


14. Zeiträume völliger Abstinenz

Infolge der häufig abschreckenden Kontrollverlusterfahrungen und oft auch des zunehmenden sozialen Druckes aus der Umwelt gelingt es dem Alkoholiker nicht selten, längere oder kürzere Zeiträume völliger Alkoholabstinenz einzuhalten, die er fälschlicherweise als Beweis dafür nimmt, dass er sein Trinken wieder "im Griff" habe und daher auch wieder kontrolliert trinken könne.


15. Änderung des Trinksystems

Zur Begrenzung und Vermeidung der unerwünschten Folgen des Kontrollverlustes entwickelt der Alkoholiker ein Trinksystem mit von ihm festgelegten Regeln. So versucht er z. B. nicht vor einer bestimmten Tageszeit mit dem Trinken zu beginnen, nur noch am Wochenende, nur noch an bestimmten Orten oder nur noch eine bestimmte Art (z. B. nur noch Bier) und Menge Alkohols zu trinken oder ähnliches.


16. Fallenlassen von Freunden

Da der Alkoholiker befürchtet, dass seine soziale Umwelt die Veränderung in seinem Verhalten, insbesondere seine Unfähigkeit, sein Trinken zu kontrollieren, bemerkt, zieht er sich zunehmend von seiner Umwelt zurück.
Er versucht dabei, bewußt oder unbewußt der erwarteten Kritik von Freunden und Bekannten auszuweichen, was oft den Anfang eines umfassenden Prozesses sozialer Isolation bedeutet.


17. Konsequenzen am Arbeitsplatz

Der inzwischen gewachsene Drang zum Weitertrinken wirkt sich nunmehr auf das Verhalten am Arbeitsplatz aus. Oft merkt der Alkoholker selbst ein Nachlassen seiner Arbeitsmotivation, seiner Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit. Kollegen und Vorgesetzten fällt er nicht selten durch Unpünktlichkeit, Unzuverlässigkeit, häufiges "Krankfeiern", unangemessenes, reizbares Verhalten oder mit einer "Alkoholfahne" auf.
In diesem Zusammenhang kann es auch zu Abmahnungen, anderen arbeitsrechtlichen oder disziplinarischen Konsequenzen oder zur Kündigung kommen.
Manchmal übernimmt er auch selbst die Initiative und entzieht sich einer derartigen Konfrontation, indem er selbst seinen Arbeitsplatz kündigt.


18. Trinken ersetzt soziale Kontakte

Inzwischen hat das Trinken des Alkoholikers den Stellenwert eines universellen Hilfs- und Heilmittels erlangt. Dies führt dazu, dass der Alkoholiker z. B. in schwierigen Lebenssituationen, bei Problemen oder Konflikten nicht mehr um soziale Unterstützung nachsucht, sondern eher dazu geneigt ist, auch hier den Alkohol als Medizin und Seelentröster einzusetzen.
Ebenso neigt er dazu, Konfliktsituationen nicht mehr klärend anzugehen, sondern seinen Ärger mit Alkohol hinunter zu spülen.
Mit oben beschriebenen Verhaltensweisen setzt sich beim Alkoholiker der Trend fort, sich sozial durch Rückzug in die eigene Problem- und Trinkwelt immer mehr zu isolieren.


19. Trinken wird wichtiger als Interessen

Hatte der Alkoholiker bislang sein Trinken überwiegend in geeigneten Lücken (Pausen) seines normalen Tagesablaufes unterzubringen vermocht, so führt sein gesteigertes Trinkbedürfnis nunmehr dazu, seinen Tagesablauf immer mehr zu verändern: Der Tagesablauf wird den Trinkbedürfnissen angepasst.

Je nach individuellen Möglichkeiten, die berufliche und persönliche Tagesstruktur selbst zu gestalten, zegt sich ein mehr oder weniger an den Trinkbedürfnissen ausgerichteter Tagesablauf. Dabei versucht der Alkoholiker jedoch nach wie vor, seinen beruflichen und familiären Verpflichtungen Genüge zu tun, vernachlässigt jedoch oft bereits deutlich rein persönliche Vorlieben und Interessen (z. B. Hobbies, die sich nicht mit dem Trinken vereinbaren lassen). Dabei wird für den Betroffenen häufig eine zunehmende Gleichgültigkeit und Energielosigkeit spürbar, die dazu führt, dass er sich trotz z. B. ausgeprägter sportlicher oder kultureller Vorlieben nicht mehr zu derartigen Unternehmungen aufrafft.

Dieses Verhalten führt zu einer Verstärkung seiner Unzufriedenheitsgefühle, wobei sich nicht selten auch das persönliche Interesse an der Arbeit massiv reduziert und die berufliche Tätigkeit nur noch ausgeübt wird, um vorgegebene Leistungsanforderungen zu erfüllen (Kritikvermeidung).


20. Trinken wird wichtiger als Nahestehende

Durch die massiv zunehmende Kritik, acuh der engeren Vertrauenspersonen (Partner, Familie, enge Freunde) an seinem Trinkverhalten, gerät der Alkoholiker unter einen erheblichen Druck.
Während er einerseits bestrebt ist, seine engen Vertrauenspersonen nicht noch weiter zu enttäuschen, erlebt er andererseits immer deutlicher, dass es ihm nicht gelingt, sein Trinken unter Kontrolle zu halten. Trotz ernthaftester Vorsätze und Beteuerungen stösst er diese Menschen durch sein Weitertrinken immer wieder vor den Kopf. Er entzieht sich dadurch oft gemeinschaftlichen Unternehmungen oder beschwört Streitereien herauf, die er dann als Alibi benutzt, um sich zurückziehen und weiter trinken zu können.
Dieses Verhalten ist beim Alkohoker somit nicht selten auch mit Schuldzuweisungen an die nächsten Angehörigen verbunden.
Die Angehörigen gewinnen dabei oft den Eindruck, dass sie jede Einflussmöglichkeit auf den Alkoholiker verloren haben und ihm wesentlich weniger bedeuten als der Alkohol.


21. Auffallendes Selbstmitleid

Der Alkoholiker bemerkt, dass er sich der von ihm als unangemessen empfundenen Kritik seiner Umwelt an seinem Trinkverhalten trotz seiner ernstgemeinten, aber meist erfolglosen Bemühungen letztlich nicht zu entziehen vermag. Oft fühlt er sich dabei von allen unverstanden und abgelehnt. Er neigt dazu, sich resignierend einem auffallenden Selbstmitleid zu überlassen, das ihm nicht selten als Alibi für erneutes Trinken dient.


22. Gedankliche oder tatsächliche Flucht

Selbstmitleid, zugespitzter sozialer Druck und die verschärfte soziale Isolation verstärken beim Alkoholiker die unbestimmte Hoffnung, unter veränderten äußeren Gegebenheiten (anderer Wohnort, andere Arbeitsstelle, anderer Partner o. ä.) sein Leben und insbesondere sein Trinkverhalten wieder "in den Griff" bekommen zu können.

Er versetzt sich in seiner Phantasie in veränderte Lebensbedingungen, die für ihn günstiger erscheinen, wobei diese Gedanken sich zur "fixen Idee" verdichten können. Damit verbunden ist häufig auch die Hoffnung, sich seiner Vergangenheit und damit auch den Folgen seines Trinkes entledigen zu können. Bisweilen kommt es vor, dass der Alkoholiker diese "Fluchtideen" auch konkret z. B. durch Umzug an einen anderen Ort in die Tat umsetzt.


23. Änderungen im Familienleben

Im Zuge dieser Entwicklung treten dann auch Veränderungen im Zusammenleben der Familie und im Verhalten der einzelnen Familienmitglieder ein. Ursache dieser Veränderung ist zunächst häufig der Versuch der Familienmitglieder, den Alkoholiker im Auge zu behalten und vor Schaden zu bewahren. Nachdem diese Versuche nichts gefruchtet haben, versuchen die Familienmitglieder im allgemeinen, dem Alkoholiker aus dem Weg zu gehen und eventuell eigene Interessen wieder aufzunehmen bzw. neue zu entwickeln.

Um zu verhindern, dass das Trinkverhalten des Alkoholikers Außenstehenden bekannt wird, ziehen sich die Familienmitglieder oft auch aus sozialen Kontakten zurück: Kinder laden keine Freunde mehr nach Hause ein oder gehen nicht mehr weg. Partner sagen Einladungen ab oder geben soziale Kontakte auf. Häufig reduzieren sich die Kontakte der Familienmitglieder auch untereinander auf das Notwendigste, wobei das Trinken nicht selten zum einzigen Gesprächs- und Streitthema wird. Kinder leiden sehr unter dieser Situation, da sie nicht begreifen, was um sie herum geschieht und den damit verbundenen Auswirkungen oft nicht gewachsen sind. Auch Trennung und Scheidung sind hier als äußerste Konsequenz dieser Veränderung zu nennen.


24. Grundloser Unwillen

Aufgrund seiner Angst vor Kritik, Schuldgefühlen, Selbstzweifeln, unterdrückten Trinkwünschen oder Entzugsdruck lebt der Alkoholiker jetzt in einem anhaltenden Spannungszuzstand, der oft bei ihm einen grundlosen, d. h. nicht durch einen äußerlich ersichtlichen Anlass gerechtfertigten, Unwillen auslöst. Dies kann sich z. B. in ausgeprägter Ungeduld, auffallender Gereiztheit, raschem Aufbrausen oder extrem leichter Kränkbarkeit zeigen.


25. Sichern des Alkoholvorrats

Die inzwischen massiven Kontrollverlusterfahrungen ebenso wie das inzwischen schon existentielle seelische Bedürfnis Alkohol jederzeit greifbar zu haben, veranlassen den Alkoholiker, seinen Alkoholvorrat immer zu sichern, wobei er je nach Lebenssituation spätestens jetzt auch dazu übergeht, ihn zu verstecken.


26. Vernachlässigung angemessener Ernährung

Da der Alkoholiker immer mehr gedanklich und in seinem Handeln um den Alkohol kreist und sich darüber hinaus auch erste Auswirkungen des Trinkens auf den Organismus bemerkbar machen (Appetitlosigkeit), beginnt er auch allmählich, seine Ernährung zu vernachlässigen. In Trinkphasen isst er häufig unregelmäßig oder gar nicht oder ernährt sich überwiegend von Fastfood oder Fertigprodukten.


27. Erste med. Behandlungen werden notwendig

Beim Alkoholker werden die ersten organischen Schäden akut wie z. B. Gastritits (Magenschleimhautentzündung), Leberschäden, vegetative Dystonie (Neigung zu Herzrasen, Blutdruckschwankungen, vermehrtes Schwitzen u. ä.), oder es treten alkoholbedingte Unfälle und Verletzungen auf, so dass ambulante oder stationäre ärztliche Behandlungen notwendig werden. Es kann auch zu ersten ambulanten oder stationären Entgiftungen kommen.


28. Veränderungen im Sexualverhalten

Hat zu Beginn die Alkoholwirkung noch dazu beigetrragen, sexuelle Hemmungen abzubauen und damit möglicherweise zu einer Steigerung sexueller Aktivitäten geführt, zeigt sich im Rahmen der allgemein zugenommenen Initiativlosigkeit des Alkoholikers jetzt eher ein verringertes bis völlig geschwundenes Interesse an Sexualität. Oft führen auch die "Alkoholfahne" und die alkohol-bedingten körperlichen Ausdünstungen zu einer gegenseitigen Vermeidung körperlicher Annäherung. Bei Männern führt die anhaltende organische Vergiftung nicht selten auch dazu, dass sie nicht mehr in der Lage sind, den Geschlechtsakt durchzuführen (Impotenz).


29. Alkoholische Eifersucht

Im Zusammenhang mit dem unter Punkt 28 beschriebenen Verhalten und insbesondere auch durch den vom Alkoholiker selbst wahrgenommenen Verfall der eigenen Attraktivität zeigen Betroffene nicht selten unbegründete eifersüchtige Reaktionen. Dem Partner wird unterstellt, er strebe nach einem attraktiven Ersatz oder habe diesen bereits gefunden. Dies kann sich zur "fixen Idee" entwickeln.


30. Morgendliches Trinken

Aufgrund des sich immer stärker ausprägenden Kontrollverlustes führt der nach vorabendlichem Trinken über Nacht abgesunkene Alkoholspiegel, verbunden mit der zunehmenden Angst, den Alltag nicht mehr bewältigen zu können, dazu, dass der Alkoholiker bereits in den Morgenstunden oder am Vormittag einen fast unwiderstehlichen Drang zum Trinken versprürt, dem er immer häufiger nachgibt.

Mit diesem Verhalten steht der Alkoholiker deutlich außerhalb der gesellschaftlichen Trinkkonventionen. Auch dadurch wird erkennbar, wie sehr seine körperliche und moralische Widerstandskraft durch die Krankheit bereits untergraben sind.


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